Pflegefall in der Familie, was tun und wer hilft weiter?
Die Dynamik einer familiären Situation kann sich bei einem Pflegefall von einem Moment auf den anderen drastisch verändern. Der Eintritt eines Pflegefalls bedeutet nicht nur für die betroffene Person, sondern auch für die gesamte Familie eine radikale Veränderung des bisherigen Lebens. Eine schwerwiegende Krankheit, ein Schlaganfall oder ein Unfall führen in der Regel zur Notwendigkeit einer vollständigen Umgestaltung und Anpassung des gewohnten Alltags an die neue Situation. Das plötzliche Erfordernis von pflegerischer Betreuung in der Familie kann dazu führen, dass die Angehörigen rasch überfordert sind. Die Pflege einer bedürftigen Person kann sich schnell zu einer enormen Herausforderung entwickeln. Der psychologische Aspekt, verbunden mit der Tatsache, dass es sich um einen geliebten Familienangehörigen handelt, kann diese ohnehin schon komplexe Situation zusätzlich erschweren.
Es ist jedoch beruhigend zu wissen, dass man in solchen Situationen nicht alleine gelassen wird. Im Falle eines Pflegebedarfs in der Familie ist es entscheidend zu wissen, an wen man sich in den ersten Momenten am besten wenden kann. Der erste Ansprechpartner könnte der Hausarzt oder ein Sozialarbeiter im Krankenhaus sein. Von ihnen kann man umfassende Informationen über die verfügbare Unterstützung im Falle einer Pflegesituation und die gesetzlichen Leistungen von verschiedenen Kostenträgern wie der Pflegekasse oder dem Sozialamt erhalten. Anschließend werden möglicherweise ambulante Pflegedienste oder Pflegeheime empfohlen, wobei dies stark vom individuellen Gesundheitszustand des Patienten abhängt.
Wenn der Wunsch des Pflegebedürftigen besteht, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu bleiben, stellt ein ambulanter Pflegedienst die optimale Lösung dar. In diesem Fall erfolgt die professionelle Pflege durch qualifiziertes Personal direkt im häuslichen Umfeld. Pflegefachkräfte und/oder Pflegehelfer besuchen die pflegebedürftige Person je nach Bedarf, oft bis zu drei- bis viermal täglich, um die erforderlichen pflegerischen Maßnahmen oder Behandlungspflegen durchzuführen.
Beurteilung der Pflegesituation
Die Pflegeleistungen, die vor Ort erbracht werden, sollten stets in einem Pflegevertrag festgehalten werden. Um den Leistungsumfang optimal anzupassen, ist zunächst eine Bewertung der aktuellen Pflegesituation durch eine qualifizierte Pflegefachkraft erforderlich. Diese besucht die pflegebedürftige Person zu Hause, um die Situation aus pflegerischer Perspektive einzuschätzen. Anschließend erhalten der Pflegebedürftige oder seine Angehörigen einen detaillierten Kostenvoranschlag mit aufgeschlüsselten Pflegeleistungen. Es besteht jederzeit die Möglichkeit, die Pflegeleistungen zu erweitern. Im Falle einer drastischen Verschlechterung des Gesundheitszustands und eines damit einhergehenden höheren Pflegebedarfs kann eine Höherstufung des Pflegegrades beantragt werden. Hierzu ist ein entsprechender Antrag bei dem zuständigen Kostenträger erforderlich, der die Voraussetzungen für eine Prüfung auf einen höheren Pflegegrad überprüft.
Pflegebedürftige Personen, denen ein Pflegegrad zuerkannt wurde, haben auch Anspruch auf einen Zuschuss in Höhe von 4.000 Euro für Maßnahmen zur Verbesserung des individuellen Wohnumfelds gemäß § 40 Abs. 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). Dies kann beispielsweise eine Badsanierung (Austausch der Badewanne durch eine bodengleiche Dusche, Türverbreiterung, etc.) oder die Installation verschiedener Hilfsmittel im Haushalt wie Treppenlifter, Badewannenlifter oder die Anpassung von Möbeln an die individuellen Anforderungen der Pflegesituation umfassen.
Welche Formen von Unterstützung gibt es für pflegebedürftige Menschen?
Es gibt verschiedene Formen von Entlastungen für Pflegebedürftige, die darauf abzielen, die Belastungen im Alltag zu reduzieren und die Pflege zu erleichtern. Hier sind einige wichtige Formen der Entlastung:
- Pflegegeld – pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 haben Anspruch auf Pflegegeld. Dieses wird von der Pflegeversicherung monatlich ausgezahlt und dient dazu, die finanziellen Belastungen der Pflege zu mindern. Es steht den Pflegebedürftigen frei, über die Verwendung des Pflegegeldes zu entscheiden.
- Pflegesachleistungen – neben Pflegegeld können Pflegebedürftige auch Pflegesachleistungen in Anspruch nehmen. Dabei übernimmt ein professioneller Pflegedienst bestimmte Pflegeleistungen, um die pflegenden Angehörigen zu entlasten.
- Kurzzeitpflege – die Kurzzeitpflege bietet Pflegebedürftigen die Möglichkeit, für einen begrenzten Zeitraum in einer vollstationären Einrichtung untergebracht zu werden. Dies kann beispielsweise dann in Anspruch genommen werden, wenn die pflegenden Angehörigen zeitweise verhindert sind oder eine Auszeit benötigen.
- Verhinderungspflege – die Verhinderungspflege ermöglicht es pflegenden Angehörigen, eine Auszeit zu nehmen, während eine Ersatzpflegekraft die Betreuung übernimmt. Dabei werden die Kosten für die Ersatzpflege von der Pflegeversicherung übernommen.
- Tages- und Nachtpflege – Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen bieten Pflegebedürftigen die Möglichkeit, tagsüber oder nachts betreut zu werden, während die Pflegenden ihren beruflichen oder persönlichen Verpflichtungen nachgehen.
- Häusliche Betreuungsdienste – verschiedene Betreuungsdienste bieten Unterstützung im häuslichen Umfeld an. Dazu gehören beispielsweise Hilfe bei der Grundpflege, hauswirtschaftliche Unterstützung oder auch Gesellschaft und Betreuung.
- Beratungsdienste – es gibt spezialisierte Beratungsdienste, die Pflegebedürftige und ihre Angehörigen bei Fragen rund um die Pflege unterstützen. Dies kann rechtliche, finanzielle oder organisatorische Aspekte betreffen.
- Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen – die Pflegeversicherung kann auch Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen gewähren. Dazu gehören beispielsweise der barrierefreie Umbau der Wohnung oder die Anschaffung von technischen Hilfsmitteln.
Es ist wichtig zu betonen, dass die individuellen Entlastungsmöglichkeiten von den jeweiligen Pflegegraden und den persönlichen Bedürfnissen abhängen. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollten sich daher frühzeitig über die verfügbaren Unterstützungsleistungen informieren und gegebenenfalls Beratung in Anspruch nehmen.