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Pflegegrad 4 – Voraussetzungen, Punkte & Antragstellung

Hier finden Sie eine klare, prozessorientierte Übersicht zu Pflegegrad 4 – mit den Voraussetzungen, dem Punktesystem nach NBA, einem Best-Practice-Ablauf für den Antrag sowie pragmatischen Vorbereitungstipps. So behalten Sie Compliance gemäß SGB XI und gleichzeitig die operative Umsetzung im Blick.

Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit, umfassende Unterstützung erforderlich.

Was bedeutet Pflegegrad 4?

Pflegegrad 4 wird Personen zuerkannt, die schwerste Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit aufweisen. Im Alltag zeigt sich dies häufig durch einen sehr hohen Unterstützungsbedarf insbesondere in der Selbstversorgung, aber auch bei Mobilität, krankheits-/therapiebedingten Anforderungen sowie der Alltagsgestaltung. Entsprechend umfangreich sind die Leistungsansprüche – und deshalb ist eine saubere Antragstellung geschäftskritisch.


Punktebereich nach NBA (Neues Begutachtungsassessment)

Für die Einstufung in Pflegegrad 4 sind 70,0 bis unter 90,0 Punkte erforderlich.
Die Punkte ergeben sich aus sechs Modulen des NBA, die – je nach Relevanz – unterschiedlich gewichtet werden:

  • Modul 1: Mobilität – 10 %
  • Modul 2: Kognitive & kommunikative Fähigkeiten oder Modul 3: Verhaltensweisen & psychische Problemlagendas höhere der beiden wird mit 15 % gewichtet
  • Modul 4: Selbstversorgung – 40 %
  • Modul 5: Umgang mit krankheits-/therapiebedingten Anforderungen – 20 %
  • Modul 6: Gestaltung des Alltagslebens & sozialer Kontakte – 15 %

Wichtig: Eine einzelne Diagnose genügt nicht. Entscheidend ist der funktionale Einschränkungsgrad im Alltag – also, was tatsächlich (nicht) gelingt.


Voraussetzungen für Pflegegrad 4 – operative Indikatoren

Obwohl jeder Fall individuell ist, sprechen unter anderem folgende Indikatoren für PG 4 – insbesondere, wenn sie regelmäßig und täglich relevant sind:

  • Selbstversorgung: umfassende Unterstützung bei Körperpflege, An-/Auskleiden, Nahrungsaufnahme; häufige vollständige Übernahme.
  • Mobilität: Transfers (z. B. Bett–Stuhl) stark eingeschränkt; Gehen/Stehen nur mit intensiver Hilfe oder gar nicht möglich.
  • Krankheits-/therapiebedingte Anforderungen: komplexe Medikation, Wund- oder Stoma-Versorgung, Insulintherapie, Inhalationen, Katheter-/Sondenmanagement – einschließlich Anleitung, Überwachung und Durchführung.
  • Alltagsgestaltung: Tagesstruktur muss eng begleitet werden; Aktivierung, Beaufsichtigung und soziale Teilhabe gelingen kaum ohne Hilfe.
  • Kognition/Verhalten (falls relevant): deutliche Orientierungsschwierigkeiten, Weglauftendenzen, erhebliche nächtliche Unruhe oder ausgeprägte psychische Belastungen.

Diese Muster sind keine Pflichtkriterien, jedoch hilfreiche Benchmarks, um die Einstufungswahrscheinlichkeit realistisch einzuschätzen.



Antrag auf Pflegegrad 4 – der Best-Practice-Prozess

Damit Leistungen ab Antragseingang wirksam werden, sollten Sie den Prozess sofort anstoßen und strukturiert abwickeln:

  1. Antrag stellen (formlos genügt):
    Telefonisch oder schriftlich bei der Pflegekasse (die Pflegekasse sitzt bei der Krankenkasse). Nennen Sie den Wunsch nach Pflegegrad-Begutachtung.
  2. Unterlagen bündeln:
    Befunde, Medikamentenplan, Entlassbriefe, Therapieverordnungen, Pflege-/HKP-Verordnungen, Schwerbehindertenausweis, ggf. Vollmachten.
  3. Pflegetagebuch führen (2–3 Wochen, notfalls rückwirkend):
    Dokumentieren Sie täglich, wobei Sie wie viel, wie lange und wie oft helfen – besonders in den NBA-Kernmodulen.
  4. Begutachtung organisieren:
    Gesetzlich Versicherte werden vom Medizinischen Dienst (MD), Privatversicherte von MEDICPROOF begutachtet. Planen Sie einen Beistand beim Termin ein (Angehörige, rechtliche Vertretung, Pflegedienst).
  5. Termin nutzen – realistisch bleiben:
    Zeigen Sie die typische Alltagssituation, keine „Ausnahmetage“. Legen Sie das Pflegetagebuch und Unterlagen sichtbar bereit; benennen Sie nächtliche Hilfen unbedingt.
  6. Bescheid prüfen & Fristen managen:
    Kommt ein zu niedriger Pflegegrad oder eine Ablehnung, können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen – idealerweise mit ergänzender Dokumentation, ärztlichen Stellungnahmen und konkreten Gegenargumenten entlang der NBA-Module.

Quick-Checklist – Dokumentation & Vorbereitung

  • Pflegetagebuch mit Uhrzeiten, Dauer, Hilfsumfang, Nächten
  • Medikationsplan inkl. Anwendungen/Überwachungen
  • Ärztliche Unterlagen (Befunde, Diagnosen, Therapien, Verordnungen)
  • Hilfsmittel-/Wunddokumentation, Fotos nur bei Bedarf
  • Kontaktliste (Ärzt:innen, Therapien, Pflegedienst)
  • Vollmachten/Betreuungsurkunden (falls vorhanden)

So schaffen Sie Transparenz entlang der NBA-Touchpoints – und erhöhen zugleich die Prozesssicherheit.


Häufige Stolpersteine – und wie Sie sie vermeiden

  • „Diagnose statt Funktion“: Vermeiden Sie pauschale Diagnosen ohne Alltagsbezug. Immer konkrete Einschränkungen beschreiben.
  • „Gute Tage“ zeigen: Präsentieren Sie den Regelfall, nicht die Ausnahme.
  • Nachtbedarf unterschlagen: Nächtliche Hilfe ist punktrelevant – bitte explizit benennen.
  • Widerspruch auslassen: Prüfen Sie den Bescheid sofort; halten Sie die Ein-Monats-Frist ein.

Warum jetzt handeln?

Da Leistungen ab Datum des Antragseingangs gelten, generieren Sie durch frühe Antragstellung direkt monetären und organisatorischen Nutzen – und zwar unabhängig von der Bearbeitungsdauer. So sichern Sie Budgets und Entlastungsoptionen frühzeitig.

Ihr nächster Schritt

  • Antrag heute anstoßen (telefonisch/schriftlich bei der Pflegekasse).
  • Pflegetagebuch ab sofort führen.
  • Begutachtung aktiv vorbereiten – mit Unterlagen, Beistand und klarer Argumentationslinie entlang der NBA-Module.

Kurzfazit (Executive Summary):

  • Pflegegrad 4 = 70,0 bis < 90,0 Punkte nach NBA.
  • Fokus: hohe Einschränkungen v. a. in Selbstversorgung, Mobilität, Therapieanforderungen, Alltagsgestaltung.
  • Antrag sofort stellen, Leistungen gelten rückwirkend ab Antragseingang.
  • Begutachtung strukturiert vorbereiten, Pflegetagebuch & Unterlagen nutzen.
  • Bescheid prüfen und ggf. fristgerecht widersprechen.

Mit der richtigen Strategie erreichen Sie zielgerichtet den passenden Pflegegrad – zum Vorteil der pflegebedürftigen Person und aller Beteiligten.