Pflegegrad 3 steht für eine schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Wer die Kriterien erfüllt, kann – richtig beantragt – schnell auf relevante Leistungen der Pflegeversicherung zugreifen. Nachfolgend erhalten Sie einen Überblick mit klaren Handlungsempfehlungen, damit Sie vom Erstkontakt mit der Pflegekasse bis zum Bescheid effizient durch den Prozess navigieren.

Was bedeutet Pflegegrad 3?
Pflegegrad 3 wird vergeben, wenn im Alltag regelmäßig und in mehreren Bereichen substanzielle Unterstützung notwendig ist – etwa bei Körperpflege, An-/Auskleiden, Mobilität, Medikamenten-/Therapiemanagement, Nahrungsaufnahme oder bei der Tagesstrukturierung. Ziel ist, Teilhabefähigkeit zu sichern und Überlastung von Angehörigen zu reduzieren.
Wie viele Punkte sind notwendig?
Die Einstufung erfolgt nach dem Neuen Begutachtungsassessment (NBA). Für Pflegegrad 3 benötigen Sie 47,5 bis unter 70,0 Punkte. Bewertet werden sechs Module, die gewichtet zusammengefasst werden:
- Mobilität (10 %)
- Kognitive & kommunikative Fähigkeiten oder Verhaltensweisen & psychische Problemlagen (der höhere Wert zählt; 15 %)
- Selbstversorgung (40 %)
- Umgang mit krankheits-/therapiebedingten Anforderungen (20 %)
- Gestaltung des Alltagslebens & sozialer Kontakte (15 %)
Wichtig: Nicht (mehr) berücksichtigt werden klassische „Minuten-Pflegezeiten“, sondern der Grad der Selbstständigkeit in den genannten Lebensbereichen.
Antrag auf Pflegegrad 3 – so gehen Sie end-to-end vor
1) Antrag stellen (Stichtag sichern)
Kontaktieren Sie die Pflegekasse (bei der jeweiligen Krankenkasse). Eine telefonische oder formlose schriftliche Antragstellung reicht aus – der Eingang sichert die Rückwirkung der Leistungen ab diesem Datum.
2) Unterlagen bündeln (Case-File aufsetzen)
Arztberichte, Entlassbriefe, Diagnosen, Medikationsplan, Hilfsmittel-Verordnungen, Pflegeprotokolle, Wund-/Diabetikerdokumentation – alles zentral sammeln. So schaffen Sie Prüfbarkeit und Nachvollziehbarkeit für die Begutachtung.
3) Pflegetagebuch führen (7–14 Tage)
Dokumentieren Sie realistisch Häufigkeit, Dauer und Art der Hilfe – auch nächtliche Unterbrechungen, Sturzrisiko, Desorientiertheit, Inkontinenz oder Therapieerfordernisse (z. B. Insulin, Wundmanagement, Inhalationen).
4) Begutachtung terminieren (MD/MEDICPROOF)
- Gesetzlich Versicherte: MD (Medizinischer Dienst)
- Privat Versicherte: MEDICPROOF
Planen Sie 60–90 Minuten ein. Eine vertraute Bezugsperson sollte anwesend sein, um Versorgungsrealität und Entlastungsbedarf zu spiegeln.
5) Alltag realistisch zeigen (No-Over-Engineering)
Keine „guten Tage“ inszenieren. Zeigen Sie Hilfsmittel, Barrieren, Transfers, Treppen, Kompressions-/Wund-/Katheter-/Sonden-Versorgung, Schmerzspitzen, Erschöpfung und kognitive Einschränkungen genau so, wie sie sind.
6) Bescheid prüfen & reagieren (Qualitätssicherung)
- Zustimmung: Leistungen fristgerecht aktivieren (z. B. Pflegegeld, Sach- und Kombinationsleistungen, Entlastungsbetrag).
- Zu niedrig/abgelehnt: Widerspruch binnen 1 Monat einlegen, begründet und idealerweise mit ergänzenden Nachweisen. Ggf. Nachbegutachtung anstoßen.
7) Höherstufung bei Veränderung
Verschlechtert sich die Situation, können Sie jederzeit eine Höherstufung beantragen – keine Sperrfrist.
Leistungen bei Pflegegrad 3 (Kurzüberblick)
- Pflegegeld (bei häuslicher Pflege durch Angehörige)
- Pflegesachleistungen (ambulanter Pflegedienst) oder Kombinationsleistung
- Entlastungsbetrag 131 € monatlich
- Tages-/Nachtpflege, Kurzzeit- und Verhinderungspflege
- Pflegehilfsmittel (zum Verbrauch & technische Hilfen)
- Zuschüsse für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen (i. d. R. bis 4.180 € pro Maßnahme)
- Hausnotruf, Beratungs- und Schulungsangebote für Angehörige
Pro-Tipp: Mit einer smarten Leistungsstrategie (Kombinationsleistung, Entlastungsbetrag, Entlastungsangebote, Verhinderungspflege) erhöhen Sie die Versorgungsqualität und entlasten pflegende Angehörige budgetneutral.
Best Practices für die Begutachtung
- Strukturiert vorbereiten: Checkliste, Unterlagenmappe, Pflegetagebuch.
- Therapieaufwand hervorheben: Insulin, Kompressionsversorgung, Injektionen, Inhalationen, Wundpflege, Katheter/ Stoma, Schmerztherapie.
- Sicherheit adressieren: Stürze, Weglauftendenz, Orientierungsstörungen, nächtliche Unruhe.
- Kommunikation klar halten: Konkrete Beispiele („braucht Hilfe beim Transfer Bett–Rollstuhl“, „verwechselt häufig Tag/Nacht“).
- Nachfragen nutzen: Bei Unklarheiten direkt klären; Korrekturen ins Protokoll aufnehmen lassen.
FAQ zu Pflegegrad 3
Regional unterschiedlich, häufig 2–8 Wochen. Leistungen gelten ab Antragseingang.
Nein. Entscheidend ist die funktionale Einschränkung laut NBA – nicht allein der Befund.
Ja. Höher- oder Rückstufung nach erneuter Begutachtung ist möglich.
Gesetzlich Versicherte: MD. Privat Versicherte: MEDICPROOF.
Ihr nächster Schritt
Wenn Sie Pflegegrad 3 beantragen möchten, starten Sie heute mit Antrag + Pflegetagebuch + Unterlagenbündelung. So stellen Sie die Weichen für eine schnelle, belastbare Einstufung – und erschließen planbar die Leistungspfade der Pflegeversicherung.